Donett (auch: Donnet, Thonnet, Doneth, Donneth, Dennuth), Andreas, gen. Cornelius Andreas. Monogramm: CAD. Bildhauer. Kunsthändler. Diese Angaben konnten anhand von Dokumenten zweifelsfrei bestätigt werden.~ 17.9.1683 Ffm., Diese Angaben konnten anhand von Dokumenten zweifelsfrei bestätigt werden.† 12.8.1748 Ffm.
Laut den amtlichen Quellen führte D. nur den Vornamen „Andreas“. Offenbar wählte er selbst später den Künstlernamen „Cornelius Andreas Donett“ mit dem Monogramm „CAD“, zumal das Monogramm „AD“ schon prominent (an
Albrecht Dürer) vergeben war. Bei der Wahl des zweiten Vornamens dürfte der Name seines Paten, des Weinhändlers Andreas Cornelii (möglicherweise auch: Cornelius), eine Rolle gespielt haben.
Die Herkunft der Familie D. ist nicht geklärt. Möglicherweise stammte sie aus Frankreich. 1637 wurde der Kaufmann Anton Donnet aus Köln in der Karmeliterkirche in Ffm. begraben.
Sohn des Wollwebers Sigebert D. und dessen Ehefrau Anna Catharina, geb. Juncker (?-1712), einer Bäckerstochter aus Oberlahnstein. Die Eltern hatten am 15.5.1667 im Ffter Dom geheiratet. Geschwister: Johann Peter D. (1674-1720), Maler; Johann Edmund D. (1677-1697). Verheiratet (seit 1712) mit Eva Maria D., geb. Franck, Tochter des promovierten Chirurgen Johann Anton Franck (?-1709) aus Mainz. Zehn Kinder, die alle – wie schon D. selbst – im Ffter Dom getauft wurden: Maria Helena (* 1713), Anna Katharina (* 1714), Johann Peter (* 1716), Johann Peter (* 1717), Maria Margaretha (* 1718), Theodor (* 1720), Anna Gertrud (* 1721), Georg Friedrich (* 1723), Maria Magdalena (* 1726), Jacob Andreas (* 1728), von denen mindestens zwei Söhne und zwei Töchter das Erwachsenenalter erreichten; einer der Söhne trat in den Karmelitenorden ein und lebte unter dem Ordensnamen „Basilius“ im Ffter Karmeliterkloster.
Ab ca. 1695 war D., zunächst als Schüler, in der Werkstatt des Bildhauers Johann Wolfgang Frölicher (auch: Fröhlicher; 1652-1700) in Ffm. tätig, womit er während seiner Lehrzeit den „Großbetrieb“ eines weithin wirkenden Bildhauers kennenlernte. Nach Frölichers Tod ging D. als Geselle des Bildhauers Franz Matthias Hiernle (1677-1732) nach Mainz. Bei Hiernle, der seit 1705 Hofbildhauer des Mainzer Kurfürsten war, war D. wohl auch Meistergeselle. Während seiner Ausbildung arbeitete er u. a. nach Modellen des Niederländers Michael van Fuhrt, die in Frölichers Werkstatt in Ffm. entstanden waren. Am 5.6.1712 heirateten D. und Eva Maria Franck im Dom zu Mainz.
Spätestens seit April 1713 lebte D., als Beisasse und wohl als Bildhauermeister, wieder in Ffm. Wie eine Anzeige in den Ffter Frag- und Anzeigungsnachrichten vom 31.8.1731 belegt, war er zudem als Kunsthändler für Gemälde tätig. D. wohnte gegenüber dem Karmeliterkloster in der Alten Mainzer Gasse, wo er auch seine Werkstatt und seine „Kunsthandlung“ hatte. Zu seinen Schülern gehörten u. a.
Johann Michael Datzerat, Johann Michael Aufmuth (um 1710-1756) sowie sein Sohn Georg Friedrich D. (1723-1774) und sein Schwiegersohn Peter Heinrich Hencke (1715-1777). Während der Kaiserwahl 1742 trat D. als Zeuge im Fall einer Beschwerde des Priors des Karmeliterklosters über die Einquartierung von kursächsischen Truppen während der Wahl- und Krönungsfeierlichkeiten in Ffm. auf. D. starb im Alter von 64 Jahren am 12.8.1748 an einem Schlaganfall und wurde am 14.8.1748 in der Karmeliterkirche bestattet. In dem Eintrag im Begräbnisbuch der Karmeliterkirche wird er „Sculptator celebris“ (berühmter, gefeierter Bildhauer) genannt. Wohl in derselben Grablege in der Karmeliterkirche (vor dem Marienaltar) wurden schon sein Bruder Johann Peter D. (1720) und später sein Sohn Georg Friedrich D. (1774) bestattet.
Wie sein Lehrer Johann Wolfgang Frölicher war D. ein begabter Vertreter der Bildhauerkunst des deutschen Barocks in Ffm. Er bearbeitete verschiedenste Materialien wie Stein, Holz, Elfenbein, Alabaster, und zwar sowohl in Groß- als auch in Kleinskulptur. So fertigte er etwa Architekturteile, sakrale Kunst und anspruchsvolle Gartenskulpturen. Um 1730 war D. maßgeblich an der barocken Innenausstattung der Deutschordenskirche und der (1803 abgebrochenen) Kapuzinerkirche in Ffm. beteiligt, für die er jeweils die Figuren für den Hochaltar schuf. Der Ffter Kunsthistoriker
Henrich Sebastian Hüsgen pries ihn 1780 für seine „ausserordentliche Stärcke in Crucefix, sowohlen [in] Lebensgrös als im Kleinen aus Holtz“, weswegen er „den grosen Italiänern an der Seite zu stehen“ verdiene (Hüsgen: Nachrichten 1780, S. 150). D.s Meisterstück, ein Kruzifix aus Buchsbaumholz, ebenso wie ein von ihm geschaffenes Kruzifix in Miniatur von Elfenbein blieben lange in Familienbesitz und wurden erst 1843 auf der letzten Auktion des
Chandelle’schen Nachlasses von
Johann Theodor Wiesen versteigert.
Werke von D. in Ffm. und Umgebung (in Auswahl): Kruzifix in der Deutschordenskirche in Sachsenhausen (aus der Werkstatt von Johann Wolfgang Frölicher unter Mitarbeit von D., um 1696), Figuren im Treppenhaus des Deutschen Hauses in Sachsenhausen (Stein, um 1722-23; kriegszerstört, lediglich Fragmente der Allegorien der vier Kontinente im HMF erhalten), Epitaph (mit einer Figur „Fatica“) der Familie Vonderburg auf dem Ffter Peterskirchhof (zwischen 1723 und 1731; Entwurfsskizze im ISG; Grabmal bis 1945 erhalten, heute verschollen), Figuren der heiligen Elisabeth und des heiligen Georg in der Deutschordenskirche in Sachsenhausen (Holz, um 1729-32; ursprünglich für den Hochaltar, später auf der Orgelempore), Kruzifix für den Hochaltar der Kapuzinerkirche auf dem Gelände des Antoniterhofs in der Töngesgasse (um 1730; heute im Hochchor des Doms St. Bartholomäus), Figurenschmuck für die Kapuzinerkirche auf dem Gelände des Antoniterhofs in der Töngesgasse [Holz, um 1728-30; heute Kreuzigungsgruppe mit Jesus, Maria und Johannes vom Hochaltar in der Dreifaltigkeitskirche in Kelkheim-Fischbach/Taunus, Figuren der Maria mit Kind vom Muttergottesaltar und des hl. Florian in der Kirche St. Philippus und Jakobus in Glashütten-Schloßborn/Taunus), Figur „Christus als Gärtner“ im Garten des Kreuzgangs im Dominikanerkloster (um 1732; nicht erhalten), Figur des heiligen Florian im Dominikanerkloster in Ffm. (um 1732; nicht erhalten), Fassadenfigur des Kaisers
Karl VII. für das Gasthaus „Zum Römischen Kaiser“ auf der Zeil (Stein, 1742-45; heute im HMF), Fassadenfigur des englischen Königs für das Gasthaus „Zum König von England“ in der Fahrgasse (Stein, um 1743; heute im HMF), Figurengruppe „Herkules und Antaeus im Kampf“ auf dem Springbrunnen am Roßmarkt in Ffm. (Brunnen entfernt für das
Gutenbergdenkmal 1854, Figurengruppe nicht erhalten), Muttergottes mit Kind in der Kirche St. Vitus in (Kronberg-)Oberhöchstadt (gelber Sandstein, um 1715-45) sowie Gartenfiguren in Sandstein für Ffter Gärten, u. a. von Leerse, Belli, Malapert und
Loën [davon vier Allegorien der schönen Künste aus dem
Brentano’schen Garten in Rödelheim sowie vier Figuren antiker Gottheiten und zwei Vasen aus dem
Loën’schen Garten an der Windmühle heute (seit 2017) in der Skulpturengalerie an der Südfassade des Neubaus vom HMF].
Werke von D. in Museen außerhalb von Ffm.: Gartenskulptur „Venus und Amor“ (zugeschrieben; Sandstein) im Rijksmuseum Amsterdam, Gartenfiguren „Frühling“ und „Sommer“ (signiert mit CAD; Sandstein) im Stadtmuseum Düsseldorf, Figur „Trauernde Maria“ aus einer Kreuzgruppe (signiert mit CAD; Buchsbaumholz) im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, Gartenskulptur „Atalante“ (zugeschrieben; Sandstein, um 1720-30) im Badischen Landesmuseum Karlsruhe.
Hüsgen besaß in seiner Kunstsammlung ein Werk von D.: eine etwa 28 Zentimeter große „Gruppe von grauen Alabastre in Rubens Geschmack (...), wie ein Satyr ein nackigtes Weib umarmet, von guter Zeichnung; Affect und Ausdruck sind ganz des Gegenstands gemäß, und geben ehrenvolle Beweise seiner Kenntniß im nackigten [d. i. der menschlichen Anatomie]“ (Hüsgen: Artist. Magazin 1790, S. 321).
Nach
Hüsgen und
Gwinner beschäftigte sich die Kunstwissenschaft lange Zeit nicht mit D.s künstlerischem Schaffen. Erst Ludwig Baron Döry (1924-2018), Kunsthistoriker am HMF, spürte den weit verstreuten Arbeiten von D. nach und entdeckte viele unbekannte Werke. Er brachte die erste künstlerische Gesamtschau D.s und besprach dessen Arbeitsweise. In ihrer Dissertation über D.s Lehrer Johann Wolfgang Frölicher (1999) hat die Mainzer Kunsthistorikerin Nicole Beyer weitere Werke aus dessen Werkstatt, insbesondere aus den Jahren zwischen 1695 und 1700, mit D. in Verbindung gebracht und diesem zugeschrieben.
D.s Bruder Johann Peter D. (1674-1720), seit 1714 Ffter Bürger, war Porträtmaler und Wirt im Gasthof „Reifenberg“ in der Ffter Fahrgasse. Er arbeitete zeitweise mit dem Maler Johann Wolfgang Rorschach (ca. 1690-1730) zusammen, mit dem er eng befreundet war; Rorschachs Tochter heiratete
Johann Michael Datzerat, der wiederum Cornelius Andreas D.s Schüler war. Johann Peter D. fertigte 28 Heiligenbildnisse für den Kreuzgang der Dominikanerkirche (1707) sowie Brustbilder von Christus und Maria links und rechts der Orgel in der Liebfrauenkirche.
D.s Tochter Maria Helena D. (1713-1758) heiratete 1740 in Ffm. den aus Geseke/Westfalen stammenden Bildhauer Peter Heinrich Hencke (1715-1777), einen Schüler ihres Vaters sowie späteren Mainzer Hofbildhauer. Hencke war wohl ab spätestens Ende der 1730er Jahre Geselle bei D. gewesen und hatte in dessen Werkstatt auch den Bildhauer Johann Michael Aufmuth kennengelernt, der später sein Trauzeuge wurde. Möglicherweise war Hencke der Zeichenlehrer seines angeheirateten Neffen
Andreas Joseph Chandelle. Das Meisterstück von Hencke, eine elfenbeinerne Kreuzigungsgruppe mit den Figuren von Christus und Maria, befand sich bis zur Versteigerung 1843 im Besitz der Familie Chandelle. Einige Elfenbein-Schnitzereien (u. a. „Der Raub der Sabinerinnen“, Relief, 1743, und eine Statuette des heiligen Nepomuk, um 1745-75), die sich heute im Victoria and Albert Museum in London befinden, werden Hencke zugeschrieben.
D.s Tochter Anna Gertrud D. (1721-1795) heiratete 1742 den Weinhändler Nicolas Chandelle (1706-1749) aus Cheratte bei Lüttich. Aus der Ehe stammten drei Söhne (und somit D.s Enkel), u. a.
Andreas Joseph Chandelle (1743-1820), kaiserlicher Postbeamter und Maler, dessen Taufpate der Großvater Cornelius Andreas D. war, und
Mattheus (auch: Matthäus) Georg (seit 1816: von) Chandelle (1745-1826), promovierter Theologe und seit 1818 Bischof von Speyer. Eine Tochter von
Andreas Joseph Chandelle (und somit eine Urenkelin von D.) war die Ffter Malerin
Dorothea Chandelle (1784-1866).
D.s Sohn und Schüler Georg Friedrich D. (1723-1774) führte den Bildhauerbetrieb und den Kunsthandel des Vaters in der Alten Mainzer Gasse fort. Er verkehrte im Freundeszirkel von
Henrich Sebastian Hüsgen,
Christian Georg Schütz d. Ä. und
Niklas Vogt sowie seinem Neffen
Andreas Joseph Chandelle. 1756 wurde er von dem hessen-darmstädtischen Hofmaler Johann Christian Fiedler (1697-1765) porträtiert. Georg Friedrich D., der unverheiratet blieb, gehörte zu den Gewährsleuten für
Hüsgens später erschienene „Nachrichten von Franckfurter Künstlern und Kunst-Sachen“ (1780).
D. besaß eine Kunstsammlung, die sein Sohn Georg Friedrich D. weiterführte und später an seinen Neffen
Andreas Joseph Chandelle weitervererbte. Die Sammlung (mit ca. 300 Ölgemälden und Stichen) enthielt auch ein kleines Ölbild „Himmelfahrt Mariä, meisterlich kopiert nach Piazzetta“. Der Weinhändler Jacob Philipp Manskopf (seit 1840: Leerse gen. Manskopf; 1777-1859) erwarb in einer Auktion aus dem Nachlass von
Andreas Joseph Chandelle am 21.8.1820 neben elf anderen Ölgemälden auch die kleine Ölskizze und vermachte sie später dem HMF (Inv.-Nr. B.1939.23). Wie von
Gwinner berichtet, könnte die unsignierte Ölskizze das (spiegelverkehrte) Musterbild von Giovanni Battista Piazzetta (1682-1754) für seine Arbeit an dem großen Altarbild „Mariä Auferstehung und Himmelfahrt“ (1734/35) in der Deutschordenskirche in Sachsenhausen sein, das 1796 von französischen Truppen verschleppt wurde (heute im Louvre in Paris). D. hatte zwischen 1729 und 1732 selbst an der Altargestaltung in der Deutschordenskirche mitgearbeitet. Er könnte das kleine Musterbild erworben haben, als es nach der endgültigen Fertigstellung des Altarbilds nicht mehr benötigt wurde.
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Frankfurter Biographie 1 (1994), S. 162,
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